Seite 8 von 17
Bronze-Graf darf nicht nach Rastede
NWZ vom 19.01.2012
Stifterfamilie lehnt anderen Standort ab – Kulturausschuss diskutiert LeitlinienDer Ausschuss will sich Zeit lassen mit der Formulierung. Die Leitlinien seien Empfehlungen, aber keine Zensur.
Von Klaus Fricke
OLDENBURG „Maßstäbe für die öffentliche Kunst“, schwärmen die einen. „Zensur der künstlerischen Vielfalt“, zetern die anderen, wie etwa Ex-Landtagspräsident Horst Milde. Beide Meinungen zielen auf dasselbe Thema ab: die Leitlinien, die sich die Stadt Oldenburg für Kunst im öffentlichen Raum geben will. Und weil der öffentliche Disput – spätestens durch den Vorschlag von privater Seite, ein Graf-Anton-Günther-Denkmal in der Stadt aufstellen zu wollen – sehr heftig geworden ist, wollen sich die Ratspolitiker auch Zeit nehmen für die Formulierung der Leitlinien. Darüber jedenfalls herrschte am Dienstagabend im Kulturausschuss Einigkeit, der zunächst erwartete Beschluss wurde auf SPD-Antrag erneut vertagt.
„Wir wollen nicht mit der Pferdepeitsche zu einer Entscheidung getrieben werden“, betont SPD-Ratsherr Bernd Bischoff und spielte damit ziemlich offen auf die unmittelbare Verknüpfung von Leitlinien und Reiterstandbild an. Oberbürgermeister Gerd Schwandner, der den Vertagungsantrag als „sympathisch“ bezeichnete, betonte, dass die Stadt auch „keinen Druck machen“ wolle, dennoch sei grundsätzlich eine Richtlinie für zukünftige Entscheidungen nötig. Wegen des Anton-Günther-Denkmals müsse man nicht auf eine „ordentliche Vorbereitung“ verzichten, denn: „Wie ich las, zieht der Herr ja gerade Richtung Norden.“ Gemeint ist der Plan, die Grafen-Skulptur in Rastede aufzustellen (die NWZ berichtete). Der dortige Bürgermeister hatte nichts dagegen, und so schien sich auf Vermittlung von Kulturministerin Johanna Wanka eine Lösung anzubahnen. Doch die ist schon wieder vom Tisch. Wie Horst Milde am Mittwoch mitteilte, lehnt die Familie des inzwischen verstorbenen Mitstifters das Rasteder Schloss als Platz für den Bronze-Grafen ab. Man bestehe darauf, ihn entweder beim Oldenburger Schloss zu platzieren oder werde ihn auf dem eigenen Wechloyer Grundstück aufstellen. Abgewartet wird jetzt das von Milde angestoßene Petitionsverfahren. Das wird Milde auch von Ministerpräsident David McAllister im jüngsten Brief empfohlen.
Wie auch immer die Oldenburger Leitlinien für Kunst ausfallen, für private Grundstücke gelten sie nicht. Grünen-Ratsherr Sebastian Beer empfindet sie nicht als Zensur, sondern „eher als Empfehlungen“, die dazu beitragen sollen, dass „hohe künstlerische Qualität, innovative Konzepte und gesellschaftliche Relevanz als Maßstäbe für öffentliche Kunst in Oldenburg angelegt werden“. So hatte es Schwandner in seinem Vorschlag für den Kulturausschuss betont. Der Realisierung einer spezifischen Platzgestaltung soll stets ein Wettbewerb vorgeschaltet werden. Eine Jury soll die Entwürfe bewerten und den Siegerentwurf vorstellen. Der Rat soll am Ende über die Verwirklichung eines Denkmals entscheiden.
Möglich sind im Konzept auch Anträge für Kunst im öffentlichen Raum. Hier soll ein besonderer Beirat die Qualität prüfen. Die dritte Möglichkeit, die die Richtlinien bieten könnten, sind Künstlersymposien der Stadt, aus dem Kunstwerke entstehen.